Authentizität, Neues

Zeige dich

Zeige dich

Was ist deine Wahrheit? Wer bist du wirklich? Es ist sehr gut, diese Fragen zu stellen und dafür Antworten zu suchen. Immer wird diese Arbeit an mir selbst ein Prozess sein, der vielleicht nie zum Abschluss kommen wird. Dennoch lohnt es sich, diesen Weg zu beschreiten. Jeder kleine Schritt hin zu mir selbst ist ein Fortschritt und trägt seine Befriedigung und seine Freude in sich. Ich muss nicht fertig werden. Die Bewegung reicht.

Aber auch, wenn ich schon ein gutes Stück auf diesem Weg zu mir vorangekommen bin, braucht es ein weiteres Element, um die Sache vollständig zu machen: Ich muss mich einem anderen Menschen zeigen. Die Verwirklichung meines Selbst ist keine isolierte Angelegenheit, sondern auch unabdingbar ein Beziehungsgeschehen. Wenn ich mich nicht zeige, verleugne ich mich selbst vor meinem Gegenüber, und das bedeutet, ich kann nicht der sein, der ich bin. Erst wenn ich mich zeige, werden mein Sein und meine Selbstverwirklichung vollständig, werde ich identisch. Ich bin der, der ich bin, wenn ich mich zeige. Natürlich muss ich innerhalb meiner selbst immer wieder schauen und nachspüren, was im jetzigen Moment das Richtige ist, was sich gut anfühlt für mich, was mir gut tut. Es ist zuerst ein innerer Prozess innerhalb meiner Subjektivität. Das ist die erste Stufe meiner Selbstwerdung. Das ist die Innenseite.

Der Mensch hat aber auch eine Außenseite und zum ganzen Wesen gehören innen und außen gleichermaßen dazu. Es ist essenziell, wie ich mich zeige: ob ich mich in meiner Wahrheit zeige, oder ob ich eine Maske trage und eine Scheinpersönlichkeit vorspiele. Mein Selbst ist auch diese Außenseite und wenn ich hier mein wahres Sein nicht zeige, verletze ich mich selbst. Diese Verletzung führt zu einem Schmerz, den wir in der Regel durch Suchtprozesse betäuben. »Wir machen uns weg.« Wie soll ich existieren, wenn ich mich weg mache? Wie soll ich der sein, der ich bin, wenn ich mich für einen anderen ausgeben? Das geht nicht.

Mich in meiner Wahrheit anderen Menschen zu zeigen, ist deshalb der Schlüssel zu mir selbst. Im Sich-Zeigen komme ich bei mir an. Hier schließt sich der Kreis der Selbstverwirklichung. Erst jetzt bin ich ganz.

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Bhakti, Neues

Vortrag Erleuchtungskongress

Das wahre Selbst ist voller Liebe und Hingabe

Ihr hört was über den Sinn und Zweck des Bhakti-Yoga (Krishna-Bewusstsein) und zwei Bhajans. Der Vortrag dauert 47 min.

Der Kongress fand im August 2015 in Berlin statt. Meinen Vortrag hielt ich genau am Tag von Krishnas Geburtstag. Ich glaube, deshalb ist er auch so gut geworden 😉

Der nächste Kongress findet vom 09.11. September 2016 statt. Erleuchtungskongress Berlin 2016

 

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Neues

2015 im Rückblick

Die WordPress.com-Statistik-Elfen haben einen Jahresbericht 2015 für dieses Blog erstellt.

Hier ist ein Auszug:

Etwa 8.500.000 Menschen besuchen jedes Jahr das Louvre Museum in Paris. Dieses Blog wurde in 2015 etwa 110.000 mal besucht. Wenn dieses Blog eine Ausstellung im Louvre wäre, würde es etwa 5 Jahre brauchen um auf die gleiche Anzahl von Besuchern zu kommen.

Klicke hier um den vollständigen Bericht zu sehen.

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Philosophie, Selbst

Der absolute Ort, Band 1 und 2

»Der absolute Ort«:

Ich freue mich, Euch mein philosophischen Werk  vorstellen zu dürfen.

Band 1 erschien im August 2014. Band 2 nun im August 2015.

Die menschliche Existenz ist immer relativ. Es fällt uns schwer, absolute Maßstäbe zu finden, an denen wir unsere Ethik und unsere Moral ausrichten können. Verschiedene Menschen haben verschiedene Werte, und diese hängen ab von Ort, Zeit und Umständen. Leider sind wir als Menschen endlich und auch sterblich. Es gibt innerhalb der menschlichen Gesellschaft nur bedingt absolute Werte. Selbst Werte wie Gerechtigkeit oder Gleichheit werden fragwürdig, wenn es um das individuelle Selbst geht, das einzigartig ist und mit niemandem verglichen werden kann.

 

Grandville: le pont des planetes

Die Aufsätze des Buches beschäftigen sich von verschiedenen Seiten mit der Frage, wie der einzelne sich als Subjekt und als Teil der Gesellschaft verorten kann. Es geht nicht um blinden Glauben oder religiöse Dogmen, sondern um eine erkenntnistheoretische Dimension. Der französische Philosoph Immanuel Levines hat auf dieser Qualität Gottes hingewiesen. Er ist der absolute Ort, von dem aus wir uns selbst und den anderen verstehen können. Der absolute Ort ist Gott, wie jeder für sich versteht.
Mehr Infos und Bestellungen: www.tattva.de/der-absolute-ort

 

Inhalte:

Der Autor Ronald Engert

Band 1: Aufsätze 1994-2007

Tattva Viveka Edition, Berlin 2014, Band 1, 376 S., geb., 24,80 €
Auch als eBook: 14,80 €
ISBN Print: 978-3-945129-06-7
ISBN eBook: 978-3-945129-07-4

Der rote Faden • Die Dialektik der Religion • Omnia videns. Zur Sprachtheorie der Kabbala • Zur Kritik der Gewalt • Platon und die Bhagavad-gita • Die Lebenskurve • Kritik des Intellekts • Geist, Leben und Materie • Das Eigene und das Fremde • Leben bestimmt Leben • Das Bewusstsein der Maschinen • Magisches Denken und esoterisches Gottesbild • Der 11. September und der Terror der westlichen Welt • Die Gottesvergiftung und die Wunde des Gewissens • Die Seele ist ewig • Wer bin ich? • Vedische Erkenntnistheorie • »Bleep« • Die drei Gesichter Gottes • Der Kreuzzug der Gottlosen • Über das Sehen

Der Autor Ronald Engert

 
 
Band 2: Aufsätze 2008-2014

Tattva Viveka Edition, Berlin 2015, Band 2, 334 S., geb., 24,80 €
Auch als eBook: 14,80 €
ISBN Print: 978-3-945129-09-8
ISBN eBook: 978-3-945129-10-4

Warum Philosophie des Subjekts? • Religion als Sucht • Optimierung des Menschen? • Fühlen und Denken • Live Stream. Leben und Gefühl • Die Pforte zu sich selbst. Meditation und Wissenschaft • Entwirrung der Gefühle • Wir sind alle ewige Personen • Die Geschichte der Tattva Viveka • Woher kommt das Recht? • Ins and Outs. Männliche und weibliche Erkenntnis • Der subjektive Faktor und die objektive Wissenschaft • Sektenhetze als spirituelles Phänomen • Blick in die Ewigkeit. Nahtoderfahrungen • Die Ekstase der Gottesliebe • Die Kunst des Nehmens • Die spirituelle Bedeutung von Geld • Da ist niemand

Jetzt hier mehr zum Inhalt und zum Webshop: www.tattva.de/der-absolute-ort

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Sein-Kolumne

Katastrophik

Der spirituell interessierte Mensch kennt sich aus mit den Weltuntergangsszenarios. 2012 und das Ende des Maya-Kalenders sind hier nur die Spitze des Eisbergs. Wir hören u.a. von einem Finanzcrash, der eintreten soll, von der Ankunft der Außerirdischen, was die Menschheit erschüttern wird, von ökologischen Katastrophen und von einem Ende unserer Zivilisation, wie wir sie kennen. Komplementär dazu glauben viele an den Beginn eines neuen Zeitalters der Erwachten, wo unsere spirituelle Nische zum gesamtgesellschaftlichen Phänomen anschwellen wird.

Allen diesen Zukunftserwartungen ist eines gemeinsam: Sie sind reine Vorstellungen. Der Philosoph Walter Benjamin prägte den Satz: „Die Katastrophe ist nicht das, was uns droht, sondern dass es immer so weiter geht.“

Das Drohende ist etwas in der Zukunft. Es ist nicht jetzt und nicht hier. Es macht Angst und lähmt unsere Handlungskraft. Während wir also das, was in der Zukunft droht – oder verheißen wird – in unserer Aufmerksamkeit haben, verlieren wir das aus dem Blick, was wirklich ist: das Sein, das Hier und Jetzt.

Nur hier und jetzt können wir handeln und etwas verändern. Um aber eine richtige Handlung bestimmen und ausführen zu können, müssen wir zuerst erkennen und anerkennen, was ist.

All zu gerne bewerten und beurteilen wir und reden es schöner oder hässlicher, als es ist. Nur all zu ungern gestehen wir uns und anderen die reine Wahrheit ein. Die Wahrheit über unsere Unzulänglichkeiten, Ängste, Schwächen. Aber das ist es, was uns zu Menschen macht. Wären wir vollkommen, wären wir keine Menschen.

„Ich bin der, der ich bin“, war der Satz, den Gott im Dornbusch sprach. Damals galt dies nur für Gott und es war das, was ihn zu Gott machte: die vollkommene Selbstidentität und unverstellte Selbstannahme. Heute sind wir Menschen so weit, die zu werden, die wir sind. Wir sind weder so heilig, dass wir alle erleuchtet sein werden, noch sind wir so sündig, dass wir in einer höllischen Katastrophe enden werden. Es wird einfach immer so weiter gehen. Es sei denn, wir nehmen unsere Verantwortung an und tun, was in unserer Macht steht.

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Sein-Kolumne

Die Dichter

„Die Dichter sind nicht die Ärzte, sondern der Schmerz“,

hat Gottfried Benn mal gesagt. Was das heißt, verdeutlichen diese schönen Zeilen von Rainer Maria Rilke:

Liebeslied

Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Spieler hat uns in der Hand?
O süßes Lied.

Manche Leute in der Esoterik-Szene gehen davon aus, dass wir immer unabhängig sein sollen, dass wir unsere Entscheidungen alleine treffen und niemanden brauchen dürfen. Aber Rilke fasst es ganz klar in Worte: wenn wir uns begegnen, entsteht ein Drittes, ein einziger „Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht“. Wir können uns dem nicht entziehen. Es sei denn, wir wählen die Isolation.

Wir sind keine isolierten Monaden, die nur echt sind, wenn sie völlig unabhängig und unbeeinflusst von außen oder von anderen Subjekten sind. Jede noch so kleine Berührung oder Begegnung verändert uns und bildet eine neue Summe, ein neues Produkt. Wir sind Individuen, die nur in der Beziehung existieren und bedeuten.

Verschiedene spirituelle Philosophien verkennen diesen Sachverhalt. Sie gehen soweit, das Außen als Illusion oder Konstruktion hinzustellen, nur um diese Interdependenz zu leugnen. Als ob Abhängigkeit per se schlecht wäre.

Wir sind intersubjektive Wesen, abhängig von Gott und von der Luft und von der Liebe der anderen. Dazu gehören Wahrheit und Ehrlichkeit. Immunisierungsstrategien, die auf Unabhängigkeit setzen, können dem nicht gerecht werden.

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12 Schritte-Programm, Sein-Kolumne, Selbst

Gelassenheit

»Wir taten alles, um die Illusion zu bewahren, dass wir die Kontrolle über unser Leben hätten. Auf diese Weise hinderten wir uns selbst daran, jene Gelassenheit zu erlangen, die wir erhalten, wenn wir dem Willen einer Höheren Macht gegenüber kapitulieren.«1

Dieses Zitat aus einem Buch des Zwölf-Schritte-Programms zeigt, wie hier die Gelassenheit erreicht wird. ›Loslassen und Gott überlassen‹ ist eine bekannte Devise. Wir übergeben unseren Willen der Fürsorge einer Höheren Macht und glauben daran, dass diese Höhere Macht liebevoll und barmherzig ist. Und wir glauben daran, dass dieser göttliche Wille das Beste für uns ist. Unsere eigenen menschlichen Ratschlüsse können diese Weisheit niemals erreichen.

Neulich sprach ich mit einer Person, die der buddhistischen Tradition zugeneigt ist. Sie erklärte mir, dass das Ziel des Buddhismus darin besteht, die Erscheinungen im Geist, d.h. die Gedanken und Gefühle, wie Wellen auf der Oberfläche zu betrachten, die keine wirkliche Bedeutung haben. Sie kommen und gehen und haben nichts mit mir zu tun. Wenn ich das verstanden habe, entsteht große Gelassenheit, weil ich mich nicht mehr mit den Gedanken und Gefühlen identifiziere.

Dies sind zwei radikal unterschiedliche Zugangswege. Der moderne pluralistische Ansatz würde nun sagen: das muss jeder für sich selbst wissen und alles ist gleich gut. Es lassen sich hier indes deutliche Unterschiede bemerken: der Weg mit Gott baut darauf, dass es eine höhere Macht gibt, die mein Leben führt. Der buddhistische Weg funktioniert komplett ohne Gott und baut auf die Eigenleistung des Menschen. Während der Weg Gottes bedeutet, meine Kontrolle als Illusion zu betrachten und aufzugeben, impliziert der buddhistische Weg, dass es meiner Kontrolle unterliegt, was mit mir geschieht. Diese Kontrolle wird dadurch erreicht, dass ich mich von meinen Gedanken und Gefühlen abtrenne.

Im Weg mit Gott unterliegen sowohl meine Gedanken als auch meine Gefühle dem Willen Gottes und sind somit wesenhaft. Wenn ich mich dem Willen Gottes hingebe, fühle und erlebe ich die Dinge, die dem göttlichen Willen entsprechen. Meine Gedanken und insbesondere auch meine Gefühle gehören zu mir und haben eine wesenhafte Bedeutung.

1 Nur für heute, Narcotics Anonymous World Services Inc., 2004, S. 341

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Authentizität, Sein-Kolumne, Selbst

Ehrlichkeit

Ehrlichkeit ist der Schlüssel zur Freiheit. Sie bringt uns in die Gegenwart. Viele von uns versuchen immer noch, ein gutes Bild nach außen abzugeben. Wir wollen uns immer noch gut anhören. Aber mit dieser Abhängigkeit von außen verraten wir auch uns selbst. Dann können wir uns selbst nicht so sehen, wie wir wirklich sind. Und das führt zu Scham, Schmerz und Isolation. Wenn ich meine Seele oder mein wahres Ich verleugne, ist das enorm schmerzhaft. Das ist die Abspaltung von mir selbst. Es geht nicht darum, bei anderen gut anzukommen, sondern darum, bei mir selbst gut anzukommen.

Diese Unehrlichkeit und Leugnung nährt die spirituelle Krankheit, d.h. die Abspaltung von mir selbst und den daraus resultierenden Verlust von Kraft und Freude. Es ist wichtig, dass wir uns zeigen, auch mit unseren Fehlern und Mängeln. Diese Mängel wachsen im Dunkel der Leugnung und sterben im Licht der Enthüllung.

Viele von uns dachten, es sei nicht nötig, Gott gegenüber die genaue Art unserer Fehler zuzugeben. »Er weiß doch eh alles«, sagten wir uns. Aber das Eingeständnis muss von uns selbst kommen, damit es wirksam ist. Es liegt in unserer Freiheit, ob wir uns offenbaren oder nicht. Aber nur durch diese Offenbarung können wir heilen.

Oft haben wir Angst, uns zu zeigen. Es ist wichtig, Menschen unseres Vertrauens zu finden, von denen wir wissen, dass sie nicht böswillig sind oder uns aus einem Missverständnis heraus beurteilen.

Es geht darum, klar, ehrlich und einfach zu sein. Wir sagen die Wahrheit kurz und bündig, ohne blumige Worte, die die Sache verharmlosen oder dramatisieren.

Was mich betrifft, fällt es mir nicht leicht, diese Fähigkeit zu entwickeln. Es bedeutet für mich immer wieder, mich zu prüfen und zu spüren, ob das, was ich sage, die Wahrheit ist. Meine Neigung ist, es doch nicht so genau zu sagen, denn das macht mir Angst. Angst vor Ablehnung und Verlust. Aber hier beginnt schon die Abwärtsspirale. Hier verliere ich mich selbst.

Je ehrlicher ich mich zeige, umso erleichterter bin ich hinterher. Dann erfahre ich Berührung mit meinem Gegenüber und mit mir selbst.

Wir Menschen sind intersubjektive Wesen. Nur indem wir uns zeigen, werden wir der, der wir sind.

 

www.burnout-und-sucht.de

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Sein-Kolumne, Selbst

Subjekt und Unterwerfung

Viele Menschen streben nach Selbstverwirklichung. Wir möchten frei und selbstbestimmt leben. Schon Immanuel Kant forderte, aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit herauszutreten und zu einem autonomen Subjekt zu werden, das selbst entscheidet und handelt.

Daran ist nichts auszusetzen, doch was ist eigentlich ein Subjekt? Das Wort stammt vom lateinischen »subjectum«, was »unterworfen« bedeutet. Dies erstaunt mich doch sehr, denn wie kann ich gleichzeitig frei und unterworfen sein? Geht es nicht darum, aus der Unterdrückung und Fremdbestimmung heraus zu gelangen und selbst zum Herrn und Meister zu werden?

Hier spüren vielleicht schon einige ein deutliches Unbehagen beim Wort »Herr«. Möchte ich ein Herr werden? Sind wir nicht angetreten, um das Patriarchat und autoritäres Verhalten zu beenden? Sind wir nicht mehr als skeptisch gegenüber Herr-Schaft und suchen wir nicht stattdessen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit? Im allgemeinen versuchen wir, jede Form von Herrschaft und Hierarchie zu vermeiden, um uns auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. Doch auch das kann zum Machtkampf werden, wenn es darum geht, nicht der Untergeordnete zu sein.

Neulich wollte ich gleichzeitig mit einem anderen Mann durch eine Tür gehen. Er wollte mir den Vortritt lassen und ich wollte ihm den Vortritt lassen. Es hatte eine gewisse Komik, weil erst keiner durch die Tür ging. Wir beide wiederholten die Einladung mehrfach, bis der Stärkere sich durchgesetzt hatte – derjenige ging dann als Zweiter, denn er war stärker in der »Unterordnung«. Es war eine gegenseitige Geste der Höflichkeit und des Respekts, und es war ein Akt der Schönheit und der Liebe, den anderen vorzulassen.

Jede natürliche Form von Beziehung beruht darauf, dem anderen zu dienen und sich ihm in Liebe und Respekt zu unterwerfen. So schlimm dieser Begriff der Unterwerfung auch von negativen Bedeutungen überfrachtet ist, so ist er doch zutreffend. Viele von uns haben mit diesem Begriff ein Problem, dabei wäre es so einfach, gute Beziehungen zu haben, wenn wir uns mehr vor dem anderen verneigen würden und bereit wären, unser Ego zurückzunehmen und dem anderen zu dienen, also uns zu unterwerfen. Nur so wächst die Liebe und nur so werden wir zum Subjekt.

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