Philosophie, Sloterdijk, Spirituelle Kultur

Im Garten des Menschlichen (1)

Zu Peter Sloterdijk: „Du musst dein Leben ändern“

Dieser Artikel wird in Tattva Viveka 42 erscheinen.
Erscheinungstermin der Printausgabe: 15. Februar 2010
Jetzt hier erstmal nur die Einleitung und einige markante Sätze.

Einleitung

Was ist der Sinn von Kultur? Was ist der Sinn von Religion? Peter Sloterdijk unternimmt mit seinem aktuellen Buch eine Totalstudie der menschlichen Kultur incl. der spirituellen Kulturen Asiens. Nach seiner philosophischen Analyse sind die Religionen „anthropotechnische Übungsprogramme“, die in Form von Askesen zu einer Verbesserung des Menschen beitragen sollen. Daraus entstand die „ethische Differenz“. In der Aufklärung beobachten wir den Zerfall der Religionen und eine Entspiritualisierung der Askesen. Sloterdijks aufklärerische Antwort endet in einem Widerspruch. Könnte es sein, dass sie um eine Dimension zu kurz greift?

Einige Zitate aus dem Text

„Der Mensch kommt nur voran, solange er sich am Unmöglichen orientiert.“ (S. 700)

Sloterdijk beharrt darauf, „dass es kein Menschenrecht auf Nicht-Überforderung gibt“ (ebd.)

Wer eine Analyse des Realen anstrebt, ohne Gott dazu zu bemühen, endet meines Erachtens in einer Aporie, das heißt in einem unlösbaren Widerspruch.

Loslassen, Gott überlassen – lautet ein alter Weisheitsspruch.

„Ich verstehe hierunter die mentalen und physischen Übungsverfahren, mit denen die Menschen verschiedenster Kulturen versucht haben, ihren kosmischen und sozialen Immunstatus angesichts von vagen Lebensrisiken und akuten Todesgewissheiten zu optimieren.“ (Sloterdijk zu Anthropotechniken, S. 25).

Kultur als Grundparadoxon umfasst: wir sollen mehr werden, als wir sind, und das, was wir werden sollen, ist unmöglich.

„Indem die Hochkulturen Ausnahmeleistungen zu Konventionen erheben, erzeugen sie eine pathogene Spannung, eine Art von chronischer Höhenkrankheit.“ (P. Sloterdijk)

Nicht die Religionen waren oder sind das Problem, sondern das Basisparadoxon der Erklärung des Unmöglichen zur Normalität.

Kultur ist somit in ihrem Ursprung eine erste allgemeine Verunsicherung: Du musst dein Leben ändern! – Denn so, wie es ist, ist es nicht gut.

Die Sezession des Selbst selbst scheint den Widerspruch zu gebären. Ohne Selbst gäbe es keine Ethik, und ohne Ethik gäbe es kein Selbst.

Wer nicht demütig ist, wird gedemütigt.

Die Änderung kommt von Gott, oder nennen wir es die innenwohnende Gesundungstendenz des Lebens, die Syntropie.

Der Eigenwille ist die zentrale Achse der spirituellen Absonderung vom Ganzen.

Die spirituelle Tatsache indes ist das Leben selbst. Das Leben insbesondere, das sich selbst erkennt. Dieses ist sowohl biologisch als auch geistig. Es gibt dazwischen keinen Widerspruch.

Spiritualität ist die unmittelbare Erfahrung des Einzelnen mit Gott, ohne Vermittlung.

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