Philosophie

Gottes Gericht

Wahrscheinlich haben wir noch nicht einmal das Recht, alles zu wissen und immer Recht zu haben.

Wir Menschen neigen dazu, auf alles eine Antwort zu haben. Das bedeutet, dass wir eher lügen als unsere Unwissenheit zugeben. Es ist uns wichtiger, überhaupt eine Antwort zu haben, auch wenn sie falsch ist, als es offen zu lassen und zu sagen: „Ich weiß es nicht.“
Dies ist der Wunsch, alles zu wissen und auf alles eine Antwort zu haben. Wir wollen immer Recht haben. Das ist unser Anspruch auf Kontrolle, auf Herrschaft. Wir wollen verstehen, aber indem wir unser Nicht-Verstehen nicht zugeben, wird das Verstehen zu einem Herrschaftsinstrument, zu einer Kontrollillusion.
Es ist menschlich, eine Antwort auf die offenen Fragen zu suchen. Aber wir haben kein Recht darauf, alles zu wissen.
Am gefährlichsten sind die Menschen, die auf alles eine Antwort haben. Das sind die Täuscher, die Dogmatiker. Für sie wird der Nicht-Wissende, der Fragende schnell zum Feind. Sie können keine Unvollkommenheit tolerieren. Schwäche ist ihnen ein Greul.

Wir wollen immer Recht haben. Aber das Recht gehört uns nicht. Das Recht gehört Gott. Deshalb heißt es „der Tag des jüngsten Gerichts“. Was immer wir Menschen uns an Erklärungen und Rationalisierungen zusammendichten – sie werden von der Wirklichkeit Lügen gestraft werden. Das Gericht wird kommen, aber wir werden dieses Urteil nicht sprechen. Das wird von Gott gesprochen. (Gott = Höhere Macht, Großer Geist, das Göttliche, Göttin, kosmische Weisheit, das Eine etc.)

Gott ist der Richter, der Richtende, der der die Richtung gibt. Es gibt ein Gericht, ja. Aber das halten nicht wir Menschen ab. Das ist die Anmaßung. Wir Menschen wollen Gott sein, und wollen richten. Daraus entsteht das ganze Leiden der Welt. Wir haben kein Vertrauen in die Weisheit Gottes, in seine Liebe und Fürsorge. Einige Menschen haben ihn zu einem strafenden Gott stilisiert, um ihre eigenen Machtinteressen zu erfüllen. Sie regierten mit Angst und Schuld, mit Schrecken und Scham „im Namen Gottes“.

Aber Gott ist liebend und fürsorglich. Du bist ein Kind Gottes. Er hat dich so gewollt, wie du bist.

Die Handlungsketten, die wir Menschen auslösen, unterliegen dem Gericht Gottes. Selbst mit all unserer Kraft können wir gegen dieses Gericht nicht ankommen. Wir können es hinauszögern. Aber wir wissen ja schon: „Gottes Mühlen mahlen langsam.“ Gott hat zwei Geschwindigkeiten: langsam und ganz langsam. Auch über die Geschwindigkeit haben wir keine Kontrolle. Das Ergebnis wird kommen, und es wird von Gott gegeben. Deshalb diese Rede von der Gottesfurcht. Es bedeutet nicht: habe Angst. Es bedeutet, achtsam zu sein und Gottes Weisheit zu ehren. Ich glaube, selbst Gott hat keinen Einfluss auf das Karma, also die kosmischen Gesetze, die mit einer gewissen Zwangsläufigkeit ablaufen. 1+1=2, das ist halt so.

Indem wir uns der Führung Gottes anvertrauen, seinem Willen, haben wir die kosmische Weisheit und die kosmischen Gesetze auf unserer Seite. Das ist das Beste, was uns geschehen kann.

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2 Gedanken zu “Gottes Gericht

  1. Thomas schreibt:

    Was nützt eine göttliche Rechtsprechung am Tage eines vermeintlichen Jüngsten Gerichts, wenn es an Erkenntnisfähigkeit seitens des Individuums mangelt? Man behauptet, Gott wird für Vorhandensein dieser Erkenntnisfähigkeit selbst sorgen. Ich meine aber, nur eine totale Erkenntnisfähigkeit kann innerhalb einer maximalen Schöpfung Einsicht bringen; diese wäre dann zwangsläufig gottgleich. Der einzige Ausweg aus diesem Gleichungssystem lautet daher: sie ist bereits umfänglich vorhanden.

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