In meinem Weg der Philosophie und Spiritualität habe ich irgendwann herausgefunden, dass der Weg nach innen geht. Viele unserer Unternehmungen, um Glück und Zufriedenheit zu erfahren, setzen im Außen an. Wir arbeiten uns von außen nach innen vor.
Zunächst hatte ich eine sehr einfache Unterscheidung: außen ist alles das, was außerhalb meines Körpers ist. Innen: Das bin ich. Aber wer ist dieses Ich?
Jahrelang litt ich unter Rückenschmerzen. Der herkömmliche Weg ist es, von außen etwas mit dem Körper zu machen, um die Rückenschmerzen zu beseitigen, zum Beispiel Massage und Fango, dann Salben oder Medikamente. Dies ist jedoch ein mechanischer Ansatz, der von außen auf meinen Körper einwirken soll. Die nächstbessere Idee ist es natürlich, Sport und Bewegung zu praktizieren, um den Rücken zu stärken und zu entspannen. Es gibt hier viele Methoden, wie z.B. Yoga, Qigong usw.
Ich musste jedoch erkennen, dass auch diese Methoden mir äußerlich sind.
Woher kam dieser Schmerz? Woher kam diese Verspannung? Egal was ich versuchte, die Schmerzen gingen nicht weg. Vielfach verspannte ich mich bei sportlichen Übungen noch mehr. Alle diese Übungen und Methoden praktizierte ich von außen nach innen. Ich versuchte, über mehr oder weniger mechanische Methoden, mein inneres Befinden zu verändern.
Irgendwann begann ich, mich auf den Weg nach innen zu machen. Ich überlegte mir, dass es meine Gedanken sein würden, die meine Verspannungen auslösen. Es zeigte sich jedoch, dass ich mit dieser Hypothese nicht weiterkam. Ich machte mir positive Gedanken, die Rückenschmerzen blieben. Weder der Körper noch die Gedanken gehören zu meinem Inneren. Also versuchte ich es mit Spiritualität, zum Beispiel Meditation. Es gab gewisse Achtungserfolge, d.h. zeitweilige Verbesserungen, aber der Durchbruch lieb aus. Ich musste erkennen, dass auch die Spiritualität nicht Teil meines Inneren ist. Immer war ich zugleich auf der Suche nach diesem Ich. Bin ich dieser Körper? Bin ich ein denkendes Wesen? Bin ich ein spirituelles Wesen? Wer bin ich?
Irgendwann entdeckte ich dann die heiße Spur. Ich bin ein fühlendes Wesen! Nur wenn ich ich bin, kann ich entspannt sein. Nur wenn ich bei mir bin und meinem Selbstgefühl folge, kann ich entspannt sein. Die echte Spiritualität besteht darin, ich selbst zu sein. Dies bedeutet: mit Haut und Haaren. Aber hier sind natürlich nicht die physischen Haare und die physische Haut gemeint, sondern dieses innere Gefühl, das ich für mich selbst habe. Es bedeutet aber auch, dass es hier nicht um mein spirituelles ewiges und ideales Selbst geht im Sinne des göttlichen Selbst, wo ich vollkommen und frei von allem Leid bin. Nein, es geht um meine bedingte, relative Existenz als Mensch. Es geht um den Ort, wo ich jetzt bin, und um die Zeit, wo ich jetzt bin. Es geht erst einmal darum, zu sein. Es geht darum, mich in meiner Wahrheit und Soheit zu erkennen, mit Glück und Leid, mit Freude und Schmerz, mit meinen ganzen Gefühlen, insbesondere auch den so genannten negativen Gefühlen, nämlich Schmerz, Angst und Wut.
Es gibt so viele Theorien und Philosophien und Spekulationen darüber, was Gefühle sind. Ich kann mich keiner dieser Philosophien anschließen. Ich beziehe mich auf keine dieser Philosophien. (1) Für mich sind die Gefühle nicht durch die Gedanken erzeugt. Es gibt natürlich Gefühle, die durch das Denken erzeugt werden, aber dies sind Pseudogefühle. Es gibt für mich auch keine gravierende Unterscheidung zwischen Gefühlen und Emotionen. Diese beiden Begriffe bedeuten für mich das gleiche. Ich unterscheide jedoch in echte und Pseudogefühle beziehungsweise neutraler: in primäre und sekundäre Gefühle.
Die primären Gefühle sind die echten und originären Gefühle. Die sekundären Gefühle sind vermittelte Gefühle.
Je mehr ich auf dem Weg zu meiner eigenen Wahrheit vorankam und zu einem fühlenden Wesen wurde, das einfach nur seine momentane Situation hier und jetzt ehrlich zugibt, umso entspannter wurde ich, d.h. umso weniger Rückenschmerzen hatte ich.
Für mich ist es nun eine innere Entspannung, ein In-mich-Hineinlehnen in mein Leben, auch ein Loslassen manchmal, aber auch Festhalten zum richtigen Zeitpunkt, ein Mitfließen und Mitschwingen mit dem Rhythmus meines Lebens. Es bedeutet, mich ernst zu nehmen, mich zu fühlen, mich selbst zu achten. Und es bedeutet insbesondere, vor mir selbst und vor anderen ehrlich zuzugeben, wie es mir gerade geht, ohne etwas daran manipulieren zu wollen. Es bedeutet, die Leugnungssysteme zu durchbrechen, denn immer, wenn ich mich nicht zeige und nicht ehrlich als der erscheine, der ich bin, gehe ich in eine künstliche Haltung und diese verspannt mich. Vieles von der Verspannung ist die Angst und die Scham, mich zu zeigen. Das macht meinen Körper hart und steif.
Ich habe nun jahrelang keinen Sport gemacht, keine Gymnastik, kein Yoga, kein Schwimmen und nichts dergleichen. Trotzdem habe ich so gut wie keine Rückenschmerzen. Im Vergleich zu früher ist es eine riesige Verbesserung. Ich fühle mich entspannt und wohl, obwohl ich den ganzen Tag am Computer sitze. Wobei ich natürlich nicht perfekt bin. Manchmal gehe ich über den Punkt hinaus, wo es mir noch gut tut. Dann verliere ich den Kontakt zu mir selbst und bezahle dies mit Verspannungen im Rücken. Aber auf diese Art und Weise finde ich immer mehr über mich heraus, wie ich bin und wer ich wirklich bin, was mir gut tut und was meine Bedürfnisse sind.
Ich bin heute der Überzeugung, dass ich umso gesünder bin, je mehr ich in meiner Wahrheit bin. Zu Ende gedacht würde dies bedeuten: Wenn ich der bin, der ich bin, bin ich unsterblich.
Fußnote (1):
Eine große Nähe fühle ich jedoch zu folgenden Ansätzen: Dan Casriel, Anne Wilson Schaef, 12-Schritte-Programme, Walter Lechler, Co-Dependency Anonymous, Robert Subby, Janet Woititz, Daniel Stacey Barron und Alice Miller.
Bild ©: Tomasz-Alen Kopera, www.alenkopera.com