Gefühle, Liebe, Sein-Kolumne

Die Zärtlichkeit der Seelen

Sex ohne Seele ist Missbrauch. Sex ist für mich kein Ziel an sich. Sex ist für mich immer nur die Begleiterscheinung einer seelischen Berührung, die aber erstmal gegeben sein muss. Wir machen Sex ohne seelische Nähe und sind hinterher frustriert. Ich möchte diese seelische Berührung. Und ich mache im Kleinen die Erfahrung, dass dann ganz automatisch die angemessene körperliche Berührung geschieht, von selbst, ohne das zu beabsichtigen. Ich möchte diese absichtslose körperliche Berührung und Sexualität erleben. Danach sehne ich mich schon viele Jahre. Es gibt eine Frau in meinem Leben, da passieren manchmal diese spontanen Umarmungen, wenn uns unsere Seelen nahegekommen sind. Da kann ich manchmal wirklich spüren: jetzt sind wir uns nahe, wirklich nahe. Da stimmt die körperliche Nähe mit der seelischen Nähe überein.

Und ich kann es spüren, wenn ich diese Frau lüstern berühre und nur saufen will. Ich mache das manchmal, unbeabsichtigt, aber nicht absichtslos im heiligen Sinne, sondern aus dem kranken Muster heraus, das noch in mir sitzt. Das fühlt sich dann hinterher schlecht an, getrennt von ihr. Weil ich sie in dem Moment, in diesem kurzen Augenblick, missbraucht habe, zu einem Stück Fleisch degradiert, das man begrabschen kann.

Ich möchte in diese heilige Absichtslosigkeit kommen, jenseits meines kleinen Egos, in das Nicht-Wollen, in die Führung durch Gott, wo die Berührung der Seelen geschehen kann. Es gibt nur sehr wenige Menschen, die das können. Diese Frau ist eine von ihnen. Sie ist oft sehr nah an sich dran. Sie kann sich spontan öffnen, das habe ich erfahren. Aber sie bleibt auch gnadenlos zu, wenn ich nicht rein bin. Ich kann bei ihr lernen, rein zu werden. Das ist nicht immer schön. Es tut auch weh, den Entzug zu spüren, den Entzug von meiner sexuellen Droge.

Es gibt nichts Schöneres als rein zu sein. Sexuell und beziehungsmäßig rein zu sein heißt, den anderen nicht mehr als Objekt zu gebrauchen, sondern ihn oder sie als vollständig souveränes Subjekt, Lebewesen, fühlendes Wesen zu ehren und zu achten.

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